Cosmo's Geschichte

Du warst von Anfang an ein ganz besonderes Wesen für uns. Wir haben uns dich so sehr gewünscht. Du alleine warst die Erfüllung unserer Träume.
Als wir am 12.08.2008 beim Frauenarzt erfuhren, dass du in meinem Bauch heranwächst, hätten Papa und Mama die ganze Welt vor Freude umarmen können. Mama war mit dir schon in der 15. Woche schwanger. Die kritische Phase des ersten Quartals war überstanden. Unsere Hoffnung war sehr groß. Für jeden Tag mit dir waren wir dankbar.
Mama hatte zwar Blutdruckprobleme, aber mit den richtigen Tabletten bekommt man diese Probleme in den Griff. Wir wollten nur, dass dir ja nichts passiert. Als wir deine Herztöne hören durften, war dies für uns die schönste Musik der Welt.
Wir haben dich von Anfang an über alles geliebt, mein Sohn. Eine Fruchtwasseruntersuchung lehnten wir ab, weil wir dich auf keinen Fall gefährden wollten. Wir hätten dir all unsere Liebe gegeben auch wenn du eine Behinderung gehabt hättest. Wir wollten nur dich, Cosmo. Du warst aus der Liebe von Papa und Mama entstanden. Wir wollten alles für dich tun.
Es war so schön, dich in mir zu spüren. Und wenn Papa dann auch die Hände noch mit auf Mamas Bauch tat, war unsere kleine Familie perfekt. Was haben Papa und Mama schon Pläne für dich und sich selbst gemacht.
Es war wie ein kleines Wunder für uns. Jeden Moment dieses kurzen Glücks genossen wir.

Am 12.09.2008 hatten wir einen weiteren Termin beim Frauenarzt. Wir durften dich wieder per Ultraschall sehen. Alles war perfekt, du hast dich zeitgemäss prächtig entwickelt.
Mama war mit dir in der 20. Woche schwanger. Eine leichte Infektion hatte Mama, aber das war nicht weiter schlimm. Das haben viele Schwangere. Unsere Ärztin sagte uns, es wäre alles mit dir in Ordnung. Die Hälfte der Schwangerschaft sei jetzt um und es dürfte eigentlich nichts mehr passieren. Das war die Zeit, wo Mama sich endlich zurücklehnte und etwas mehr entspannte. Für die Infektion sollte Mama Zäpfchen nehmen. Diese nahm ich, aber sehr ungern da ich dich auf gar keinen Fall gefährden wollte.
In der Nacht vom 16.09. auf den 17.09.2008 ist Mama während des Schlafes die Fruchtblase geplatzt. Ich hatte am Morgen nur einen kleinen Flüssigkeitsverlust bemerkt und dachte mir zunächst nicht all zu viel dabei. Papa hat im Internet nachgeschaut, da stand dass es öfter vorkommt wenn etwas Flüssigkeit verloren geht. Mama war ein wenig beruhigt. Gegen Mittag hat sich aber etwas anders angefühlt als sonst. Vorsichtshalber wollten wir lieber nachschauen lassen ob alles in Ordnung ist.

Papa fuhr mit Mama ins Krankenhaus, da in der Frauarztpraxis niemand mehr ans Telefon ging. Im Krankenhaus mussten wir eine längere Zeit warten. Man wollte uns eigentlich gar nicht dort untersuchen sondern zu einem anderen Frauenarzt schicken. Wir bestanden dann doch auf der Untersuchung und durften dann dort bleiben.
Es vergingen aber über zwei Stunden bis zur Untersuchung. Jegliches Zeitgefühl war bei mir verlorgen gegangen. Ich hatte solch große Angst um dich. Bei der Untersuchung stellten sie dann fest, dass Mamas Fruchtblase frühzeitig geplatzt war. Dein Herzchen, lieber Cosmo, schlug zu diesem Zeitpunkt noch, wenn auch schwach. Der Muttermund war leicht geöffnet und deine Nabelschnur lag schon in Mamas Scheide. Als man uns dies mitteilte, war es als wenn uns jemand den Boden unter den Füßen weggezogen hätte. Der Arzt, der uns diese Diagnose mitteilte, war sehr bemüht und auch ergriffen bzw. recht freundlich. Er musste aber die Oberärztin rufen. Diese bestätigte uns die Diagnose. Sie sagte es uns ganz nüchtern und kalt. Solch eine Gefühlslosigkeit ist mir und Papa noch nie begegnet. Einerseits ist es ja gut, wenn Menschen Gefühle nicht zu nah an sich heran lassen, aber solch eine Kälte und Herzlosigkeit ist uns noch nie unter gekommen. Daran leide ich noch heute.
Mama bekam eine Beruhigungstablette verpasst. Geholfen hat sie überhaupt nicht. Papa hatte auch kurz einen Kreislaufkollaps und musste sich ein paar Minuten hinlegen. Ich konnte nur noch weinen. Ich flehte, bitte tut etwas für unser Kind. Man rief in einer Spezialklinik für Frühchen an. Die gaben uns aber auch keine Chance mehr. Und wenn, dann würdest du mit schwersten Behinderungen leben müssen. Das wollten wir dir nicht antun. Hinzu kam, dass die Entzündungswerte in Mamas Blut enorm angestiegen sind. Sie mussten im Krankenhaus schnell handeln, jetzt war auch Mamas Leben in Gefahr.
Glaub mir, Cosmo, ich hätte alles für dich getan. Du hättest ein Leben in dieser Welt verdient. Aber man gab uns keine Chance. Die Menschen wissen gar wie sehr wir uns dich gewünscht haben. Und was wir alles in Kauf genommen haben um dich empfangen zu können. Zweimal haben wir schon ein Kind zu den Sternen ziehen lassen müssen. Jedesmal in der neunten Schwangerschaftswoche.
Nachdem die Entzündungswerte immer weiter anstiegen, wurde die Geburt eingeleitet. Die ganze Zeit bekam ich flüssiges, hochdosiertes Antibiotikum verabreicht. Deine Geburt, kleiner Liebling, wurde mit speziellen Tabletten, die man Mami in den Muttermund schob, eingeleitet. Um 16:00 Uhr bekam Mami die ersten beiden Tabletten verabreicht. Nach vier weiteren Stunden, so gegen 20:00 Uhr, bekam ich erneut 2 Tabletten in den Muttermund damit sich dieser öffnen sollte. Papa ist zwischendurch nach Hause gefahren um ein paar Sachen zu holen. Er stand auch total unter Schock. Ich habe mir riesige Sorgen um ihn und dich gemacht.
Mein Leben war mir in dem Moment ziemlich gleich. Was zählte, war meine kleine Familie. Papa, du Cosmo und Mami. Ich hätte mir so sehr ein Leben mit dir gewünscht. Als Papa von Zuhause wieder da war, fingen so langsam die Wehen bei mir an. Es war so gegen 18:00 Uhr. Ich bekam starke Schmerzmittel.

So gegen 22:00 Uhr wurden die Wehen immer heftiger. Die Hebamme wurde gerufen. Nach mehreren Malen starkem Pressen kamst du um 22:25 Uhr mit den Füssen als Erstes, still auf die Welt.
Wie gerne hätte ich, nachdem du in diese kalte Welt geboren wurdest, deinen Schrei gehört. Bis zu meiner Niederkunft wussten wir gar nicht ob wir einen Sohn oder eine Tochter bekommen würden. Beim Ultraschall hatte man es noch nicht nicht sehen können. Uns war es ganz gleich.
Alles an dir, kleiner Engel, war perfekt. Deine Fingerchen, die Zehen, es war alles an dir dran, halt nur noch etwas kleiner. Man konnte aber schon genau sehen wem du ähnlich sahst. Das Näschen hattest du von deinem Opa Heinrich und der Mund war eindeutig von Oma Marliese. Du warst so ein wunderschönes Baby. Für uns blieb die Welt stehen als du geboren wurdest... Die Hebamme nahm dich und die Nachgeburt, welche sich kurze Zeit nach deiner Geburt ablöste, mit. Wenig später kam sie mit dir in einem Moseskörbchen wieder. Sie hat von deinen Füsschen schöne Abdrücke gemacht, dich gewogen und gemessen, damit Mama und Papa für später Andenken von dir haben. Mama hat dich aus diesem Moseskörbchen herausgeholt und in ihren Armen gehalten. Du warst so klein und zart. Ich habe dich gestreichelt, geküsst, und liebkost. Du warst einfach alles für uns. Die eine nette Ärztin hat Mami bewundert, dass ich so liebevoll mit dir umgegangen bin. Sie hat wohl gespürt wie sehr dich deine Mami liebt.

Wir hatten nur eine kurze Zeit miteinander. Ich spüre heute noch deine Fingerchen um meine Hand. Was war das so schön. Deine zarte Haut zu spüren, dein Geruch. Wie gerne hätte ich dich gebadet oder dich gewickelt. Leider war Mami die ganze Zeit mit einer Infusionsflasche verbunden, die mich ständig bei allen möglichen Tätigkeiten behinderte. Die Schwestern und auch eine jüngere Ärztin, die bei der Entbindung dabei war, waren sehr bemüht um uns. Wir hatten ein Einzelzimmer erhalten und für Papa wurde ein Extrabett mit ins Zimmer gestellt, damit Mama nicht alleine im Zimmer liegen musste. Alleine hätte ich dies nicht durchgestanden. Schade, dass Papa die Nabelschnur nicht von dir durchgeschnitten hat. Aber ich denke, er stand dermaßen unter Schock, so dass er dies nicht konnte. Er hat dich über alles geliebt und leidet sehr, genau wie Mami.
Für uns ist nichts mehr wie es jemals war. Du fehlst uns überall, mein kleiner Liebling. Die Lücke, die du hinterlässt, kann niemals mehr geschlossen werden.
An die Schwestern und zwei der Ärzte habe ich recht gute Erinnerungen. Einmal war da ein Arzt, den kannten wir schon von einem früheren Aufenthalt im Jahr 2007. Und eine Ärztin etwa in Mamas Alter. Sie gab mir auch den Tipp mich umzuhören ob die Möglichkeit bestehe, dich in unserem Ort bestatten zu lassen. An die kalte Oberärztin und die eine junge Ärztin, dich mich nachher für die Entlassung untersucht hatte, habe ich überhaupt keine guten Erinnerungen. Die junge Ärztin fragte immer wieder Sachen, die sie eigentlich, wenn Sie meinen Bericht vorher gelesen hätte, nicht hätte fragen müssen. Immer wieder und wieder wurde in der frischen tiefen Wunde herumgestochert. Ich habe oft gedacht, hat denn niemand Erbarmen mit mir? Warum bohren einen alle nur mit schlimmen Fragen, wenn sie doch die Unterlagen längst vor sich liegen haben. Auf meine Fragen bekam ich von ihr nur mürrische Antworten.
 
Herz fuer Cosmo